Sonderfälle des Betruges nach § 263 StGB

Von Anstellungsbetrug über Spendenbetrug bis Warenkreditbetrug im Alltag.

Die unterschiedlichen Situationen und Umstände, in welchen es im modernen Austausch- und Wirtschaftsleben und im Alltag zu Betrügereien kommt, machen es für Rechtsprechung und Anwaltspraxis im Strafrecht unerlässlich, die Grundform des Betruges nach § 263 StGB an die tatsächlichen Bedürfnisse anzupassen.

Im Folgenden soll – aus anwaltlicher Perspektive – ein Überblick über die wichtigsten Sonderfälle und Konstellationen innerhalb der Betrugsstrafbarkeit gegeben werden. Folgende Betrugskonstellationen sind als Sonderfälle anerkannt:

1) Forderungsbetrug und Sachbetrug

Im Zusammenhang mit der für den Betrug notwendigen Vermögensverfügung wird regelmäßig je nach Verfügungsgegenstand zwischen Sachbetrug und Forderungsbetrug unterschieden.

Sachbetrug liegt dann vor, wenn es um die Verfügung über körperliche Gegenstände und Bargeld geht. Der Betrüger erhält dann also meistens genau den Gegenstand bzw. das Bargeld (z.B. Kaufpreis) durch den Betrug.

Demgegenüber bezieht sich der Forderungsbetrug immer auf abstrakte Forderungen und Rechte an sich (z.B. Ansprüche des Eigentümers, Besitzers). Meistens spielt der Schuldner und Betrüger dem Gläubiger einer Forderung vor, die Forderung bestehe nicht mehr oder sei untergegangen.

In manchen Fällen liegen Betrug und Diebstahl von Sachen nahe nebeneinander, sind aber abzugrenzen. Dies wird etwa an folgendem Beispiel deutlich:

An der Kasse in einem Supermarkt bittet der Kassierer ausdrücklich darum, alle Waren auf das Warenband zu legen. Der Kunde hat jedoch eine Sache zuvor heimlich in die Hosentasche gesteckt und leugnet, irgendwelche verborgenen Gegenstände an sich zu haben. Er nimmt so Waren ohne zu bezahlen mit aus dem Laden.

Einerseits täuscht hier der Kunde zwar den Kassierer; dieser erliegt auch tatsächlich einer hinreichenden Fehlvorstellung, die dazu führt, dass er den Kunden mit der Ware gehen lässt. Allerdings liegt der Schwerpunkt der strafrechtlichen Handlung des Kunden eher auf der Wegnahme einer fremden Sache, als auf der Täuschung über das Vorhandensein weiterer Ware.

Diebstahl oder Betrug (im Supermarkt-Fall)?

Wegen ebensolcher schwierigen Abgrenzungsfälle, ist für den Sachbetrug eine bewusste Vermögensverfügung des Opfers zu fordern – das sogenannte Verfügungsbewusstsein. Fraglich ist im Supermarkt-Fall, ob der Kassierer dieses Verfügungsbewusstsein hat.

Weil Forderungen als nicht körperliche Gegenstände aber nicht weggenommen, also auch nicht gestohlen werden können, bedarf es eines solchen Abgrenzungsmerkmales im Falle des Forderungsbetruges nicht. Vor allem dann, wenn der Betrogene gerade nichts von der Forderung weiß, würde es keinen Sinn machen, wenn eine Betrugsstrafbarkeit an ein Bewusstseinserfordernis geknüpft würde.

Diese Eigenheit im Umgang mit dem Tatbestandsmerkmal der Vermögensverfügung hat also auch unmittelbare Auswirkungen darauf, wegen welches Deliktes sie als Opfer Strafanzeige erstatten können oder weswegen von der Staatsanwaltschaft und Polizei gegen Sie ermittelt wird.

2) Eingehungsbetrug und Anstellungsbetrug

Das Grundmodel des Betrugstatbestandes nach § 263 StGB sieht vor, dass die Betrugsstrafbarkeit nur dann vorliegt, wenn es bereits zu einem Vermögensschaden gekommen ist. Als hinreichender Vermögensschaden wird eine voll realisierte Vermögensminderung verstanden.
In der Anwaltspraxis tauchen aber sehr häufig Fälle des sogenannten Eingehungsbetruges auf. Es wird dabei davon ausgegangen, dass sich eine Vertragspartei alleine durch einen Vertragsschluss unter Täuschung der anderen Seite strafbar machen kann.

Wenn etwa ein Online- bzw. eBay – Betrüger im Internet eine Bestellung tätigt, zu keinem Zeitpunkt aber die Absicht hat, zu bezahlen, so könnte unter folgenden Erwägungen schon alleine der Vertragsschluss zu einem betrugsbegründenden Vermögensschaden führen.

Eingehungsbetrug beim Waren- und Warenkreditbetrug: eBay-Betrug und andere Onlinebetrügereien sind strafbar.

Auch wenn der Anbieter noch keine Ware herausgegeben oder verschickt hat, so ist die Kaufpreisforderung, die er erhält, dennoch quasi wertlos. Schließlich will der Betrüger eben gerade nicht bezahlen. Ein Vermögensschaden tritt also schon mit Vertragseinschluss ein – der Anbieter leistet anschließend, ohne eine Gegenleistung zu erhalten.
Schon alleine die Eingehung eines Vertrages ohne Leistungsintention wird so also unter Strafe gestellt.

Schwierigkeiten ergeben sich vor allem dann, wenn beschuldigte Personen aus Versehen vergessen zu bezahlen oder ursprünglich glaubten in der Lage zu sein, Ihre Schulden zu begleichen, später aber erhebliche Zahlungsschwierigkeiten bekommen.
Im Falle von Anschuldigungen wegen Eingehungsbetruges, insbesondere bei Waren- und Warenkreditbetrugsanschuldigungen sollte ein Rechtsanwalt konsultiert werden. Dieser erhält Akteneinsicht, kann den genauen Tatvorwurf analysieren und entwirft mit Ihnen eine effektive Verteidigungsstrategie.

Anstellungsbetrug: Lügen gegenüber dem Arbeitgeber bei der Bewerbung, nur um eingestellt zu werden, lohnt sich nicht, sondern kann strafbar sein.

Einen Sonderfall des Betrugs stellt der sogenannte Anstellungsbetrug im Arbeitsverhältnis dar. Es geht in diesen Fällen stets darum, dass jemand seien Arbeitgeber oder Dienstherren entscheidend bei der Anstellung täuscht, beispielsweise über zentrale Berufsqualifikationen, Gesundheitszustände oder Eignungsmerkmale. Schon im Abschluss des Vertrages und dem Eingehen der Verpflichtung zur Gehaltszahlung ist dann die vermögensmindernde Verfügung des Dienstherren zu sehen.

Schon scheinbar unerhebliche Ungenauigkeiten oder Unvollständigkeiten im Gespräch mit Vertragspartnern oder mit einem potentiellen Arbeitgeber können also erhebliche strafrechtliche Risiken bergen!

In privaten Arbeitsverhältnissen ist von einer Schädigung des Arbeitgebers auszugehen, wenn die irrtumsbedingt eingestellte Person in Wirklichkeit die Tätigkeit gar nicht ausüben kann oder das dafür erforderliche Vertrauen nicht verdient.
Einfacher gestaltet sich dies bei Beamten. Schon alleine die Täuschung über beamtenrechtliche Voraussetzungen, die in der betreffenden Person nicht erfüllt sind, und darauf beruhende Einstellung stellen einen Anstellungsbetrug dar.

Aber Achtung!: Nicht strafbar machen Sie sich dann, wenn Sie bewusst Ihr Recht als Arbeitnehmer oder Bewerber wahrnehmen, auf unzulässige Fragen eines (künftigen) Arbeitgebers nicht zu antworten oder gegebenenfalls sogar unrichtige Antworten zu geben. Wie z.B. die Frage nach der Schwangerschaft.

3) Erfüllungsbetrug

Bei dem sogenannten Erfüllungsbetrug oder Abwicklungsbetrug wird dagegen nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abgestellt, sondern es werden die tatsächlich erbrachten Leistungen begutachtet.

Wegen echten Erfüllungsbetruges macht sich also derjenige Betrüger strafbar, der erst nach dem Vertragsschluss das Opfer täuscht und schädigt, indem er es dazu veranlasst, eine im Verhältnis zur vertraglich vereinbarten Leistung minderwertige Leistung als Vertragserfüllung anzunehmen, oder selbst mehr zu leisten als es die vertragliche Vereinbarung vorsieht.

Ein strafbarer unechter Erfüllungsbetrug kann demgegenüber vorliegen, wenn der Täter bereits beim Abschluss des Vertrages das Opfer getäuscht hat – etwa in Form einer fälschlichen Zusicherung einer werterhöhenden Eigenschaft, die eine Kaufsache haben soll. Diese Täuschung wirkt in der Erfüllungs- und Abwicklungsphase schließlich fort.

4) Dreiecksbetrug

Charakteristisch am Dreiecksbetrug ist, dass die vom Täter getäuschte Person, und die Person, die die notwendige Vermögensverfügung vornimmt, und die letztlich dadurch Geschädigte Person nicht identisch sind.

Zwar legt § 263 StGB es nahe, dass nur eine Person eine andere Person in strafbarer Weise täuschen, zu einer irrtumsbedingten Verfügung verleiten und dadurch in ihrem Vermögen schädigen kann.

Stellt man sich aber den Fall vor, dass etwa eine Ladenverkäuferin von einem Kunden über eine nicht bestehende Ermäßigung auf ein bestimmtes Angebotsprodukt getäuscht wird und aufgrund dessen irrtumsbedingt einen Artikel zu einem geringeren Preis verkauft, so ist die Ladenverkäuferin zwar getäuscht worden und hat selbst irrtumsbedingt verfügt. Der Schaden trifft aber letztendlich den Geschäftsinhaber, nicht die Kassiererin selbst.

Aus diesem Grund sind Dreiecksbetrugskonstellationen unter Strafe zu stellen.
Das soll dann möglich und gegeben sein, wenn zwischen dem Verfügenden und dem Geschädigten ein bestimmtes Näheverhältnis besteht.
Streitig und auch während eines Ermittlungsverfahren oftmals nur schwer für einen Rechtsanwalt oder Strafverteidiger zu rekonstruieren ist, welche Qualität dieses Näheverhältnis haben muss, bzw. wie es im Einzelfall tatsächlich ausgestaltet ist. In aller Regel muss immer dann besonders Acht gegeben werden, wenn die getäuschte und verfügende Person dem Vermögen des letztlich Geschädigten in irgendeiner speziellen Art und Weise nahe steht.

Jede täuschungs- und irrtumsbedingte Verfügung einer Person, die im Lager des letztlich verletzten steht, kann also Betrugsrelevanz haben.

5) Spendenbetrug

In den Fällen des Spendenbetruges gibt das Opfer selbst Vermögen von sich aus weg, verursacht also bewusst einen Vermögensschaden, wobei ihm schon bewusst ist, dass er keine wirtschaftliche gleichwertige Gegenleistung erhalten wird. Er nimmt also förmlich einwilligend einen Vermögensschaden in Kauf.

Beispiel: Ein betrügerischer Spendensammler klingelt an der Tür einer Hausbewohnerin und erzählt er sammle für das Rote Kreuz. In Wirklichkeit will er das eingenommene Geld aber für sich behalten.

In solchen Spenden-, Bettel- und Subventionsbetrugssituationen weiß die getäuschte Person also schon vor der Vermögensverfügung durch die Vermögenshingabe.

Die Opfer in diesen Fällen irren also nicht über den Wert oder das Vorhandensein einer wirtschaftlich gleichwertigen Gegenleistung, sondern stellen sich vor, „etwas Gutes“ mit Ihrer Spende zu bewirken.
Diese nichtwirtschaftliche, sozial motivierte Zwecksetzung der Vermögenshingabe wird deshalb in der Rechtsprechung und in der anwaltlichen Praxis als ein Ersatzinstitut für die Vorstellung des Opfers von einer wirtschaftlich gleichwertigen Gegenleistung gewertet.
Wird der Spendenzweck also nicht erreicht, weil der Spendenempfänger die Vermögenswerte eben gerade nicht weiterleitet, so sind die Erwartungen des Spenders dennoch betrogen worden.

6) Tanken ohne Zahlungsbereitschaft: Betrug?

Ein typischer Fall, in dem verschiedene Aspekte der Betrugsstrafbarkeit von Richtern und Anwälten vor Gericht diskutiert werden, ist das Tanken ohne Zahlungsbereitschaft.

Steuert etwa ein Kraftfahrer seinen Wagen auf eine Tankstelle, betankt seinen Wagen und fährt dann ohne zu zahlen weiter, kommt unter Umständen eine Strafbarkeit nach § 263 StGB in Betracht.

Insbesondere dann, wenn der Kraftfahrer in Anwesenheit von Tankstellenpersonal tankt und dann weiterfährt ohne zur Kasse gegangen zu sein. Denn dann täuscht er ganz bewusst das Tankstellenpersonal über seine Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit.

Handelt es sich aber um eine Selbstbedienungstankstelle ohne Personal oder ist dies abwesend, so liegt kein Betrug nach § 263 I StGB vor. Schließlich ist schon niemand getäuscht worden, was für eine Betrugsstrafbarkeit aber notwendig ist.
Vielmehr kommen dann andere Straftaten in Betracht wie der Diebstahl oder die Unterschlagung.

Im Einzelfall hilft die Beratung und Einschätzung von Strafbarkeitsrisiken durch einen Anwalt – Anwaltskanzlei für Strafrecht Dr. Böttner, Hamburg

Die teils schwierigen und von den Umständen im Einzelfall abhängigen Fallkonstellationen im Betrugsstrafrecht machen es in aller Regel unerlässlich, einen Strafverteidiger bzw. Fachanwalt für Strafrecht zu konsultieren. Die genannten Beispiele machen deutlich, dass im Einzelfall praktische Schwierigkeiten auftreten können – sowohl bei Verdachtsmomenten auf Seiten des Geschädigten, als auch bei Anschuldigungen wegen Betruges.
Deshalb steht Ihnen Fachanwalt für Strafrecht und Strafverteidiger Dr. Böttner auf Opferseite in der Nebenklagevertretung und auf Täterseite in der Strafverteidigung zur Verfügung.